Mobbing ist nicht nur ein Problem von Schulen oder sozialen Netzwerken – es passiert auch in Unternehmen. Und wenn es passiert, fühlen sich viele Beteiligte, von den Kolleg*innen über Führungskräfte bis hin zur Personalabteilung, oft hilflos.
„Ich habe BWL studiert. Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt machen soll“, sagte eine Personalerin kürzlich in einer Planungsrunde zur Krisenintervention. In einem anderen Fall war der Schock groß: „Das sind doch erwachsene Menschen – wie kann einer so etwas machen?!?“ Diese Reaktionen sind verständlich, besonders wenn man sich ansieht, wie schwerwiegend und teils strafrechtlich relevant Mobbingvorfälle sein können. Doch genau diese Unsicherheit darf nicht dazu führen, dass nichts passiert. Denn eines ist klar: Wegschauen ist keine Option!
Wie also vorgehen, wenn Mobbing im Unternehmen auftritt? Drei Ebenen von Prävention sind hierbei zentral:
- Primärprävention (Vorbeugung): Strukturen schaffen, die Mobbing gar nicht erst entstehen lassen. Ein Schutzkonzept zur Gewaltprävention kann klare Rahmenbedingungen setzen. Dazu gehören ein unternehmensweiter Verhaltenskodex, regelmäßige Sensibilisierungstrainings und offene Kommunikationswege, die es ermöglichen, Probleme frühzeitig anzusprechen.
- Sekundärprävention (Akute Maßnahmen): Sobald Mobbing-Vorfälle bekannt werden, geht es darum, die Betroffenen und das Team zu schützen. Dazu gehört eine schnelle Intervention, klare Ansprechpartner*innen für Betroffene und gegebenenfalls Mediation oder externe Unterstützung.
- Tertiärprävention (Langfristige Veränderungen): Nach einem Vorfall müssen Unternehmen die strukturellen Ursachen analysieren und angehen. Welche Unternehmenskultur hat das Verhalten begünstigt? Wo gab es blinde Flecken? Welche strukturellen Änderungen – etwa in der Führung, in den Meldewegen oder in der Unternehmenskultur – sind notwendig, um Mobbing zukünftig zu verhindern?
Lösungsansätze aus der Praxis: Der No Blame Approach
Im Schulsystem hat sich der in den 90ger Jahren in England entwickelte „No Blame Approach“ als erfolgreiche Methode bewährt, um Mobbing zu stoppen. Die Grundidee: Statt Schuldige zu suchen, wird ein lösungsorientierter Ansatz verfolgt, bei dem das soziale Gefüge im Blick bleibt.
Denn Mobbing ist oft ein Zeichen für tiefer liegende strukturelle Probleme: fehlende psychologische Sicherheit, unklare Kommunikationswege oder eine Unternehmenskultur, die unangemessenes Verhalten duldet. Deshalb ist es wichtig, nicht nur den akuten Fall zu lösen, sondern auch langfristig an einer Kultur des Respekts und der Offenheit zu arbeiten.
Der wichtigste erste Schritt? Nicht weggucken. Sich dem Thema stellen. Kräfte bündeln. Nur so kann ein Arbeitsumfeld entstehen, in dem sich alle sicher fühlen – und Mobbing erst gar keine Chance hat.