Der Umgang mit Fehlverhalten von Mitarbeitenden ist eines der sensibelsten Themen in der Entwicklung von Schutzkonzepten. Einerseits steht der Kinderschutz – und damit der Schutz besonders vulnerabler Gruppen – an oberster Stelle. Andererseits besteht die berechtigte Sorge, dass Mitarbeitende durch Vorwürfe enormen Schaden nehmen können, selbst wenn sich ein Verdacht nicht bestätigt. Deshalb haben wir uns im Rahmen der Entwicklung eines Trägerschutzkonzeptes gezielt mit der Frage auseinandergesetzt: Wie kann ein Schutzkonzept gleichzeitig Betroffene schützen und einen fairen Umgang mit Mitarbeitenden gewährleisten? Unsere Recherche zeigte schnell: Es gibt wenig konkrete Leitlinien für diesen Aspekt. Also haben wir selbst ein Verfahren entwickelt – mit zwei intensiven Workshops, viel Reflexion und einer klaren Zielsetzung.
Doch einen Schritt zurück, was bedeutet Rehabilitation in diesem Kontext eigentlich? Grundsätzlich ist Rehabilitation dann gelungen, wenn Menschen nach Krankheit oder Belastungen wieder gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Übertragen auf den Umgang mit Fehlverhalten bedeutet das:
- Hilfe statt Stigmatisierung: Fehlverhalten – insbesondere im pädagogischen Kontext – geht oft mit psychischer Überlastung einher. Wer Hilfe bekommt, läuft weniger Gefahr, erneut falsch zu handeln.
- Langfristige Perspektiven denken: Täter*innen waren oft selbst Opfer. Ein rein strafender Ansatz verhindert selten Wiederholungen – ein rehabilitierender kann dagegen nachhaltig schützen.
- Klare Trennung von Verantwortung: Die strafrechtliche Bewertung ist Aufgabe der Behörden. Innerhalb des Trägers muss es jedoch eine Struktur geben, um mit Verdachtsfällen umzugehen – ohne die eigene Handlungsfähigkeit zu verlieren.
Soweit die Theorie. Doch schon im ersten Workshop wurde deutlich: Das Thema ist hoch emotional besetzt und die Szenarien in den Köpfen der Teilnehmenden waren denkbar vielseitig. Es braucht als zunächst einen Rahmen, um zu definieren, unter welchen Umständen Rehabilitation überhaupt möglich ist. Dabei haben wir zunächst definiert, welche Verhaltensweisen Konsequenzen erfordern und wann der Träger ein Verfahren als gelingend betrachtet. Im zweiten Schritt half ein Rollenspiel mit verschiedenen Szenarien dabei:
- ein differenzierteres Verständnis für die Perspektiven aller Beteiligten zu ermöglichen
- Entscheidungskriterien zu entwickeln, unter eine Rückkehr in den Arbeitskontext möglich ist
- Eine Handlungsreihenfolge festzulegen, die klar festhält, wer wann entscheidet und welche Informationen an wen weitergegeben werden
Am Ende dieser intensiven Arbeit stand ein tragfähiges Verfahren zum Umgang mit potenziellem Fehlverhalten von Mitarbeitenden. Dazu gehören präventive Regelungen, Dokumentationspflichten, Verantwortlichkeiten und Kommunikationswege, um in sensiblen Situationen sicher und professionell handeln zu können. Mittlerweile wurde das Verfahren bereits in einem realen Fall angewandt.